Spotlight: Tanzende Modeikonen

Dieser Teil der Ausstellung ist Josephine Baker gewidmet, die zu ihren Lebzeiten und teilweise heute noch in Modemagazinen auftrittt; mal als Tänzerin, mal als Model, mal als Modeikone.

In einer regelmäßig erscheinenden Kolumne in der Vogue mit dem Namen „Spotlight“ nahm die Journalistin Maaya Mannes aktuelle Kultur- und Kunstveranstaltungen, aber auch Tänzer*innen unter die Lupe. Kanonvertreter*innen des Modernen Tanzes wie Ruth St. Denis, Ted Shawn, Merry Wigman, Isadora Duncan, Ruth Page oder Harald Kreutzberg betanzten die Magazinblätter, darunter auch Josephine Baker. 

Josephine Baker, als eine der wenigen Vertreter*innen of Color der Moderne, definierte durch ihre stilistischen und emanzipatorischen Entscheidungen das Bild von Frauen in der (Mode)welt, die sowohl avantgardistisch als auch herausfordernd waren, neu. Ihre Präsenz in Modezeitschriften und auf der Bühne inspirierte viele Designer*innen und Modebegeisterte und beeinflusste die Entwicklung des modischen Geschmacks in Europa und darüber hinaus.

DAMALS WIE HEUTE: JOSEPHINE BAKER ALS MODEIKONE

Als ich mich auf die Suche nach Tänzer*innen in Modemagazinen begab, stieß ich immer wieder auf eine wesentliche Figur der Moderne – Josephine Baker. In verschiedensprachigen Modemagazinen tritt sie, porträtiert als Modeikone, auf und wird von Modefotograf*innen ihrer Zeit abgelichtet.

Beispielsweise wurde sie für die portugiesische Zeitschrift Ilustração im Jahr 1930 ausschließlich für die Modekolumne in verschiedenen Outfits fotografiert. In dieser Fotostrecke repräsentiert Baker nicht nur den Glamour um ihre Person selbst und ihren modernen Lifestyle, sondern auch die der Kleidung. Bakers helmartige, mit Gel in gesichtsrahmende Locken gelegte Signature-Fisur, weiße Strümpfe und weiße Tanzschuhe mit Absatz bilden die Basis für die Looks, die sie verkörpert.

Die Silhouette der Zeit setzt auf eine schlanke und vertikale bis sackartige Optik, bei der der Oberkörper nicht durch eine Betonung der Taille, sondern der Hüfte und darunter markiert wird. Dies lässt sich bei allen Looks beobachten: Die Pelzmäntel sind mit einem breiten Streifen unterhalb der Hüfte ausgestattet, die sich farblich vom Grundton des Mantels absetzen – dadurch wird ein sackartiger, vertikaler Effekt evoziert, der mit einer gewissen legeren Haltung einhergeht. Baker inszeniert diese Lockerheit der Kleidung auf spielerische Weise, indem sie den Mantel über ihre linke Schulter herunterrutschen lässt und dadurch ihre Haut und ein glitzernder Träger ihres sich darunter befindenden Tanzkleids zum Vorschein kommt. 

 

Das weiße weitfließende Tanzkleid ist im Gegensatz zum Mantel figurbetonter; bleibt der Grundsilhouette allerdings treu. Das in horizontal in Falten drapierte Oberteil, gehalten durch zwei breite Träger, reicht Baker bis zu den Hüftknochen. Von dort löst ein wallender Kreisrock die strukturierte Oberkonzeption ab und sorgt für ein dynamisches und weiches Aussehen. Verziert mit weißen Rosetten, die an einem Strang bis zum Saum reichen und mit der Bewegung mitpendeln, wird wieder eine vertikale Note integriert, die den Gesamteindruck des Kleides wieder mehr in die vertikale Achse bringen, trotz des bei Bewegung ausladenden Rocks. 

Josephine Baker in der Ilustração (1930), S. 25
Josephine Baker in der Ilustração (1930), S. 26
Josephine Baker in der Ilustração (1930), S. 26
Josephine Baker in der Ilustração (1930), S. 26

Etwas später, in der 81. Ausgabe von 1947 des französischen Couture-Magazins Claudine ist Baker in einem opulenten Federkostüm abgebildet. Unter dem Titel „Beauté à quatre Faces“ ist neben Baker auch die Tänzerin Nyota Inyoka zu sehen, die mit ihren Leser*innen ihre Tipps und Tricks für äußerliche wie auch innere Schönheit teilt; darunter Einbalsamierungspraktiken mit Senföl und Sahne, Atemübungen und Yoga für ein ganzheitlich gutes Körpergefühl.[1]

 

[1] Le Cerf, George: „Beauté à quatre Faces,” in: Clodine 81, (Januar 1947), S. 8–9; 22. 

Besonders häufig tritt Baker allerdings im Modemagazin Vogue auf, das damals wie heute eines der bekanntesten Journale für Mode und Lifestyle ist. Ebenfalls damals wie heute ist Baker regelmäßig Gesprächsthema und Inspiration für neue Modekollektionen oder Fotoreihen. Erstmals abgelichtet für die Vogue wurde Baker in der ersten Dezember-Ausgabe 1935 von der Modefotografin Louise Dahl-Wolfe im Rahmen der regelmäßig erscheinenden Kolumne von Maaya Mannes „Vogue’s Spot-Light“, in der sich die Journalsitin mit den aktuellen Kunst- und Kulturveranstaltungen US-amerikanischer Bühnen beschäftigt. In dieser Ausgabe kündigt Mannes Bakers baldigen Auftritt in der Jahresrevue „Ziegfeld Follies“ am New Yorker Broadway an, die 1936 stattfinden wird.

Dahl-Wolfe fotografiert Baker im Format eines Halbportraits. Josephine Baker zeigt in der Aufnahme eine elegante, halbsitzende Pose. Ihr Körper ist leicht zur Seite gedreht, ihre Hände mit ineinandergeschlungen Fingern und Handfläche zum Oberkörper zeigend am Schoß abgelegt. Diese Pose lenkt den Fokus auf das voluminöse, glänzende Material des Outfits, was der Szene eine fast skulpturale Wirkung verleiht. Ausgestattet in einem metallischen und durch die vielen markanten und tiefen Falten umso reflektierenderes Kleid von Antoine erscheint sie als „gold-paper fantasy“. Um ihre Oberarme ist das goldene papierähnelnde Material wie Oberarmreifen drapiert und ein breiter Träger bedeckt ihre linke Schulter. Der Stoff erstreckt sich wie ein Cape ausladend über ihre hintere Körperfläche. Die Kopfbedeckung ist extravagant und zieht durch die vielen und kreativ angeordneten geflochtenen Zöpfe, die auch auf Bakers afro-amerikanische Herkunft anspielen sollen, die Blicke nach oben. Die gesamte Komposition wirkt wie eine theatralische Inszenierung, die Baker als schillernde, metallifizierte Ikone herausarbeitet.

Diese ikonische Abbildung von Baker ist grundlegend für den aus dem Forschungsprojekt entstandene Artikel „Corpus Erat! Josephine Baker als schwimmende Galatea der Moderne“, der in Koautor*innenschaft zwischen Nicole Haitzinger und mir, Anna Menslin, entstanden ist. Dieser wird Anfang 2025 im Verlag Sonderzahl publiziert und zusätzlich im Open-Access-Format auf der Hypotheses-Seite des Salzburger Forschungsschwerpunkts „Figurationen des Übergangs“ (Wissenschaft & Kunst) verfügbar sein. Ein Kernbeispiel des Artikels ist der Film von Greville aus 1935 Princess Tam Tam, in dem Baker die Protagonistin Alvina spielt. Einerseits bildet die Fotografie aus der Vogue von 1935 eine ikonografische Parallele zu einem der Schlüsselkostüme- und Szenen im Film, andererseits tragen die Kleider, Outfits und Silhouetten, die Baker in dem Film trägt, zur Dramaturgie der Figur Alvina, der Figurenkonstellationen zwischen Alvina und der männlichen Rollen und dem emanzipatorischen Moment, das als Kernargument des Artikels herausgearbeitet wurde, Alvinas beziehungsweise Bakers bei. 

Louise Dahl-Wolfe: Josephine Baker als "gold-paper fantasy", in: Vogue (Dezember 1935), S. 58

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