Februar 2024 – Archivalie des Monats: Ballettschuhe der Tänzerin Fanny Elssler

Für die Archivalie des Monats Februar wurde ein Paar Ballettschuhe der Wiener Tänzerin Fanny Elssler (1810-1884), die neben Marie Taglioni, Fanny Cerrito und Carlotta Grisi zu den Primaballerinen des Romantischen Balletts zählt, ausgewählt. Die weichen Schuhe aus zarten, apricot-stichigen weißen Satin und Leinen sind durch eine dünne Ledersohle verstärkt. Ein Einzugsband zum Engerziehen des Schuhs und seitlich angebrachte Satinbänder sorgen für einen besseren Sitz und Halt am Fuß.


DdM ob 011-01-02: Ballettschuhe der Wiener Tänzein Fanny Elssler (1810-1884): Leder, Leinen, Satin, Datierung unbekannt


Im Gegensatz zu heutigen Spitzenschuhen ist dieser Ballettschuh im Zehenbereich nicht verstärkt, was ein elaboriertes Tanzen auf Spitze noch nicht ermöglicht. Die Momente auf Spitze, die auf vielen Abbildungen von Fanny Elssler und ihren Zeitgenossinnen festgehalten wurden, sind kurze Augenblicke der Schwebe, in denen die Tänzerinnen ihr ganzes Körpergewicht auf ihren beinahe bloßen Zehenspitzen ihres Standbeins tragen, während das freie Spielbein weit nach hinten ausgestreckt wird. Diese Art von Bewegung wird im Ballettvokabular ‚Piqué arabesque‘ genannt (siehe Abbildung).


DdM ic C 058_04: Marie Taglioni

Mit der Modernisierung und Verstärkung des flachen Ballettschuhs wird er immer mehr zum Spitzenschuh, der durch eine versteifte Schuhspitze, deren Spitze als Standfläche abgeflacht ist, charakterisiert wird. Dieser Teil des Schuhs wird ‚Box‘ genannt und auch der Sohlenbereich wird durch Pappmaché verstärkt. Heutzutage gibt es auch Manufakturen (Spitzenschuhe werden bis heute fast ausschließlich per Hand gefertigt), die Plastiksohlen integrieren, um den Schuh resistenter und dadurch länger nutzbar zu machen. Zudem werden vermehrt synthetische Materialien wie beispielsweise Elasthan verwendet, um einen idealen und komfortableren Sitz zu ermöglichen, denn Tänzer*innen verbringen mehrere Stunden täglich in dieses Schuhen – ihren Arbeitsschuhen. Jüngste Unternehmen beschäftigen sich mit der Entwicklung von besonders nachhaltigen und optimal-sitzenden Modellen, die mithilfe von 3D-Druckern fabriziert werden.

Die Kulturgeschichte des Ballett- bzw. Spitzenschuhs ist eine wichtige, da sie für ein verschärftes Verständnis für die Generierung und Entwicklung von Bewegungsmaterial und Choreografie grundlegend ist, aber auch Fragen zu gender und race mit sich bringt.


Beitrag von Anna Menslin

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert