Zeitschriften als Bühnen für den Tanz

Wie schön, dass Sie den Weg zu dieser kleinen digitalen Ausstellung gefunden haben, in der wir uns auf tänzerische und modische Spuren in den Beständen der Derra de Moroda Dance Archives machen. Diese Ausstellung, mit dem Titel Zeitschriften als Bühnen für den Tanz: Mode und Lifestyle, ist im Rahmen des gleichnamigen Forschungsprojekt von Anna Menslin und Nicole Haitzinger im Studienjahr 2023/24 entstanden und wurde durch finanzielle Unterstützung der Stiftungs- und Förderungsgesellschaft der Paris-Lodron Universität Salzburg ermöglicht. Wir bedanken uns vielmals, dass unser Vorhaben so großzügig unterstützt wurde!


Unten geht es zu den Ausstellungsräumen.

ZUM PROJEKT

Die Motivation für das Forschungsprojekt kam durch mehrere Aspekte: das große Interesse an Archiven und Archivpraktiken, das ‚Wiederfinden‘ einer bestimmten Tanzzeitschrift – The Dance Magazine – in den Derra de Moroda Dance Archives und ein Zitat aus dem 2010 erschienen Buch Medium macht Mode: Zur Ikonotextualität der Modezeitschrift, das sich hauptsächlich mit dem Sujet der Modestrecke in Modezeitschriften auseinandersetzt und Analysemethoden vorschlägt. Die Kulturwissenschaftlerin Dagmar Venohr schreibt darin über die vielen aus anderen Disziplinen entlehnten Methoden:

„Das Spektrum reicht von kunst- bzw. kostümhistorischen, textilanthropologischen, soziologischen oder kulturwissenschaftlichen Arbeiten im Sinne der Cultural Studies, über semiologisch, strukturalistisch oder linguistisch basierten Ansätzen bis zu kommunikations-, literatur- und bildwissenschaftlichen Untersuchungen, […].“[1]


Die Tanzwissenschaft wird hier nicht erwähnt, obwohl rückblickend aus bewegungs- und körperanalytischer Perspektive eine methodische Verschränkung von Tanzwissenschaft, Performance Studies und Fashion Studies sehr erkenntnisreich ist und war. Mit diesem Projekt wollten wir beginnen, diese Schieflage zu verändern und erstens Modezeitschriften um eine tanzwissenschaftliche Perspektive zu erweitern und zweitens Methoden und Theorien aus der Modewissenschaft auf Tanzzeitschriften zu übertragen. Dazu sind wir direkt in die Archive gegangen und haben uns durch die Bestände des Derra de Moroda Dance Archives sowie diverser digitalisierter Archivbestände wie – um nur einige zu nennen – Gallica, Anno und das Archiv der Vogue gearbeitet, um Verbindungslinien zwischen Tanz und Mode zu ziehen und, wie sich herausstellte, nicht nur den Methodenkanon der Tanzwissenschaft, sondern auch den Themenkanon zu erweitern.

Die Fragen, die das Projekt begleiteten, waren: 


  • Können Tanz- und Modezeitschriften der Moderne als ‚kleine Bühnen‘ für den Tanz verstanden werden und welche Kriterien sind dabei benennbar?
  • Hat das facettenreiche Medium der Tanz- und Modezeitschriften das Potential zu einer Kanonerweiterung in der Tanzgeschichtsschreibung beizutragen?
  • Welche Persönlichkeiten treten auf; sprich erscheinen Tänzer*innen in Modezeitschriften, aber auch umgekehrt Models in Tanzzeitschriften?
  • Inwiefern gleichen oder unterscheiden sich Fotostrecken in Mode- und Tanzzeitschriften?
  • Welche Arten von Narrativ können bezogen auf Körper, Bewegungen und Gender markiert werden?
  • Welche Werbestrategien werden in Mode- und Tanzzeitschriften verfolgt?
 

Während des Projekts ergab sich weiters die Frage, wie mit den Spuren, die uns in Tanz- und Modezeitschriften in den Archiven begegnen, umgegangen werden kann. Hierfür rückten Fragen nach Archivpraktiken und Reenactmentstrategien in den Fokus, wodurch sich ein Digitalisierungsprojekt eines Teilbestands der Zeitschriften in den Derra de Moroda Dance Archives, ein Artikel in Erscheinung und ein künstlerisches Reenactment-Projekt zu Helba Huara ergab. Denn einer der Hauptgründe für dieses Projekt war die Bemühung um eine Stärkung der Archive und um das Aufzeigen und Verkörpern von den vielen singulären Geschichten, die es zu erzählen und zu spüren gilt.

Die Ausstellung ist auf sechs verschiedene Räume aufgeteilt:

  • The Dance Magazine als Bühne, in dem wir die US-amerikanische Tanzzeitschrift aus den 1920er Jahren und ihre Präsenz in den Derra de Moroda Dance Archives behandeln und eine Galerie der Titelseiten zeigen,
  • Spotlight: Tanzende Modeikonen, in dem wir Tänzer*innen der Moderne in Modemagazinen aufgespürt haben und uns mit der Tänzerin Josephine Baker, als eine der wenigen Vertreter*innen of Colour der Moderne als Modeikone, beschäftigt haben, 
  • Mode, Schönheit & Lifestyle, in dem wir uns Rubriken in Tanzzeitschriften gewidmet haben, die dich sich um Tendenzen der Mode und Schönheit sowie Körper- und Schönheitsarbeit drehen,
  • Begegnung mit Helba Huara, in dem es um eine Begegnung jenseits zeitlicher Dimensionen geht; um den Auftritt der Tänzerin Helba Huara aus dem 20. Jahrhundert in den Derra de Moroda Dance Archives durch eine Ausgabe von The Dance Magazine,
  • Reenactment-Projekt: Helba, in dem Reenactment als Strategie und Methode für Archivpraktiken vorgeschlagen wird und das aufgearbeitete Bewegungsmaterial von Helba Huara durch Fotoaufnahmen, Collagen und Videos sichtbar gemacht wird, 
  • und abschließend der Raum Digitales Archiv & Bibliografie, in dem durch eine Auswahl von digitalisierten Tanzzeitschriften geblättert werden kann und weitere Literatur zu den Themen Mode, Modewissenschaften, Kostüm und Tanzfotografie in den  Derra de Moroda Dance Archives und in der Bibliothek der Paris-Lodron Universität Salzburg zu finden ist. 
 

[1] Venohr, Dagmar (Hg.): Medium macht Mode: Zur Ikonotextualität der Modezeitschrift (Bielefeld: transcript, 2010), S. 17

ZU DEN AUSSTELLUNGSRÄUMEN