Als Archivalie des Monats haben wir uns im April für eine Quelle entschieden, die auf einen Teilbereich des Nachlasses von Friderica Derra de Moroda zurückgeht: die handschriftlichen Aufzeichnungen zu Bernardo Vestris‘ Ballett Der Frauen-Aufruhr im Serail (1839/1843). Dieses Manuskript ist Teil einer umfangreichen Sammlung handschriftlicher Szenarien und Regiebücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert, die nun sukzessive erfasst und digital zur Verfügung gestellt wird (siehe Szenarien | Regiebücher).
Bei Vestris‘ handschriftlichen Skizzen handelt es sich um drei doppelseitig beschriebene, geheftete Bögen mit dem Titel Der fromen-[sic] Aufruhr im Serail, phantastisches Ballet in drei Abtheilungen in die Scene gesetzt von Herrn B. Vestris, Ballemeister vom k. k. Hoftheater nächst dem Kärnthnerthore Musik von Herrn Franz Schira.
Das Ballett wurde am 27. Juli 1839 in der Wiener Hofoper uraufgeführt und erlebte dort bis zum 16. September 1843 insgesamt 51 Aufführungen.


Nicht viel ist bekannt, doch lassen Zeitraum, Aufführungsort und Inhalt des Szanariums ein paar wenige Rückschlüsse auf dieses Ballett zu. So reiht es sich zweifellos in das umfassende Repertoire an Produktionen ein, die unter wechselnden Ballettmeistern seit Anfang des 19. Jahrhunderts an der Wiener Hofoper kreiert wurden und – in Dramaturgie und Choreografie – ganz dem Vorbild der romantischen Ballettpraxis und Entwicklung folgten: klassischer Tanz als Ausdrucksform für Wesen (Sylphiden, Wilis, Undinen, Bajaderen) aus anderen bzw. „fremden“ Welten, das Aufeinandertreffen von Solotanz und Gruppe, von verschiedenen Tanzstilen und Tänzerfächern sowie von mimischer Aktion und virtuoser Tanztechnik.
Wie der Kupferstich von Andreas Geiger zur Schlussszene des dritten Aktes des Balletts veranschaulicht, werden hier zwei wesentliche Aspekte romantischer Ballettdramaturgie bedient: Einerseits das Faszinosum des „fremdländischen“ Sujets (Serail), andererseits das Übermenschliche, hier dargestellt durch die kriegerischen Handlungen bewaffneter Frauen.
Weitere Details zum Inhalt des Balletts liefert das Digitalisat des Szenariums.